Montag, 7. April 2008

NRW ist bildungspolitisches "Entwicklungsland"......

Es hagelt Elternproteste - zu Recht - sie bleiben ungehört - zu Unrecht....
Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, welches die größten ersten Grundschulklassen hat. Hinzu kommt, dass Erst- und Zweitklässler zusammen unterrichtet werden.*

In unserem kleinen Ort wird das "historisch" überholte Schulmodell im zweiten Jahr wieder eingeübt. Zwischenzeitlich sind die Kinder - auf deren Kosten - dieses unheilvolle Schulexperiment durchgezogen wird, in der zweiten Klasse, mit dem Ergebnis, dass die Zweiklässler gewaltige Rückstände haben. Die Erstklässler sind - dank ihrer Hilfslehrer - hingegen recht erfolgreich. Die Lehrerin ist völlig überfordert....

Man hätte den Ausgang dieses Experiments vorhersagen können. Natürlich macht es den Kleinen großen Spass ihr Können an die jüngeren Mitschüler weiter zu geben. Der Haken: wie erwerben die "Könner" ihr weiteres Wissen, wenn ständig gemeinsam unterrichtet wird. Logisch, das ist für eine Lehrkraft quasi nicht machbar.

Leider ist die Ausbildung in Sachen Entwicklungspsychologie, Lernstörungen, individuelle Lernförderung, Lerntechniken etc. bei Grundschullehrern seit jeher stark vernachlässigt worden, so dass nur wenige - besonders begabte Lehrer - der Herausforderung verringerter Einzelförderung und gemeinsamen Unterrichts - überhaupt gewachsen sind. Aber Vorteil des Projektes: Viel Geld gespart, denn nun unterrichtet ja ein Lehrer zwei Klassenstufen....viel Geld gespart auf Kosten der nachwachsenden Generation. Die Schere - gerade für Schüler mit Migrationshintergrund - wird mit solchen Experimenten noch weiter auseinander gehen.

Und man wird weiter schlussfolgern, dass eine Gesamtschule für alle das Problem lösen werde. Allerdings: wie man sieht steckt der Teufel im Detail....

Interessant ist, dass gerade in NRW das jahrzehntelang SPD- regierte Land mit viel Kritik von der CDU " mit großen schulpolitischen Versprechungen übernommen wurde. Seither wird allerdings bildungspolitisch weit stärker "abgebaut". Damit hier keine Missverständnisse entstehen: dies ist keine politische Stellungnahme, sondern nur eine Stellungnahme darüber, wie wenig Interesse ganz Deutschland an seinem Nachwuchs hat. Hier prangere ich nur die "vollmundigen" Wahlversprechen an, welche natürlich nach Regierungsübernahme nicht umgesetzt werden. Denn insgesamt betrachtet ist ganz Deutschland ein "bildungspolitisches Entwicklungsland".

Ein Blick in den Norden genügt, um festzustellen, wie wichtig dort der Nachwuchs ist. Schauen Sie mal nach Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland in die Kindertagesstätten und Schulen. Wer das etwas kühlere Klima verträgt, sollte dorthin auswandern.....

Zu den Fakten:
  • 1. Es ist wissenschaftlich belegt, dass besonders gut in Klassen bis zu 16 Schülern gelernt wird. Diese Schüler haben deutliche Vorteile gegenüber Schüler in größeren Klassen. Soweit die Wissenschaft.....
  • 2. In NRW dürfen nicht unter 18 Schüler in einer Klasse sein! So vermeidet man rein vorsorglich eine bessere Unterrichtsqualität. (In Bayern und Hessen: Untergrenze 13 und Obergrenze 28 Schüler)
  • 3. Da die Schülerzahlen zurückgehen und in vielen Schulen 18 Schüler in der ersten Klasse nicht zusammenkommen, werden fortan bis zu 35!!! Schüler in den ersten Klassen unterrichtet.
Dabei sah das 12-Punkte-CDU-Wahlprogramm zur Schulreform seinerzeit vor:
"Wer Klassen so groß macht, dass Lehrer keine Zeit für den einzelnen Schüler haben, darf nicht über soziale Selektivität, Sitzenbleiber und Schulversagen jammern"

soviel zum ursprünglichen Wahlversprechen...soviel zur Zukunft unserer Kinder und Enkel im bildungspolitischen Entwicklungsland NRW....

Und der jahrgangsübergreifende Unterricht ist keine Lösung, sondern ein weiteres bidlungspolitisches Desaster....

FAZIT:
Ich kann nicht verstehen, dass sehr viel Geld in die Erforschung optimaler Lernvoraussetzungen investiert wird und wenn es dann an die Umsetzung jener Erkenntnisse geht, diese völlig ignoriert werden.
Anstatt dessen wird auf dem Rücken der Kinder einfach experimentiert. Wird denn hier völlig vergessen, dass jene Kinder einmal groß werden und ihre Kompetenz dann gefragt sein wird, wenn es um das Regieren unseres Landes geht? Was sind die Folgekosten dieser Maßnahmen (Arbeitslosigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein, Aggressivität, Verdummung, Langeweile)?

Nicht nur umweltpoltisch leben wir auf Kosten der nachwachsenden Generation, sondern auch bildungspolitisch!

* Quelle: Neue Westfälische - Rubrik Ostwestfalen - "Eltern gegen Klassen mit 35 Schülern" - Protest gegen wachsende Eingangsstufe vom 7. April 2008 (Bernhard Hänel)

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