Samstag, 1. März 2008

Recherche ist Luxus! Nachdenken auch? Das Einzelfallbeispiel "dänischer Kindergarten" (2)

*pixelio Claudia35
Wie versprochen widme ich mich in meinem Beiträgen den einzelnen Punkten in der Spiegel-Titelstory:
Heute habe ich mir ein im Essay geschildertes Einzelfallbeispiel mit "Vorbildcharakter" (als Untermauerung der Spiegel-Titelstory-Thesen) vorgenommen:
"Ein Blick ins Ausland hilft, die Sorgen zu zerstreuen. Bei den Nachbarn der Deutschen, in Dänemark etwa oder in Frankreich, grassiert keineswegs die innere Zersetzung, obwohl dort seit langem die Betreuung kleiner Kinder außerhalb der Kernfamilie nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich begrüßt wird. Den Eltern geht es gut damit - und den Kleinen augenscheinlich auch." (Spiegel Nr.9/2008, S. 43)

Nach dieser Feststellung folgt in der Titelstory der "Heile-Welt-Bericht" über den Kindergartenbesuch der drei Kinder (5,3 und 1 Jahr alt)in einem dänischen Kindergarten.

Was dabei unterschlagen wird?
Dänische Kindergärten arbeiten anders als deutsche und sie verfolgen andere Erziehungsziele:

1. Verhältnis Kinder - Erzieher
bei 1-3-Jährigen sind es im allerhöchsten Fall 6 Kinder, welche von einem Erzieher betreut werden.
bei den 3-6 -Jährigen sind es maximal 10 Kinder

2. Die Art der Betreuung
Dänische Erzieher sehen sich als Betreuungs- und Begleitpersonen ihrer Schützlinge. Sie arbeiten frei von irgendwelchen "Bildungserwartungen" und überzogenen Bürokratien. Sie haben Zeit sich an den Wünschen, Bedürfnissen und Nöten ihrer Kleinen zu orientieren, d.h. im dänischen Kindergarten werden die Kinder von den Erziehern eher "bemuttert".

3. Die Erziehungsvorstellungen
In Dänemark sind die Kindergärten frei in der Gestaltung. Sie entwerfen jeweils ihre eigenen Ziele. Im Vordergrund steht die enge "Zusammenarbeit" und der enge Austausch mit dem Elternhaus und den Kindern. Damit sind Kindergärten dort eher "erweiterte familiäre Verhältnisse".

4. Das Beispiel dennoch nur eines unter vielen
Auch in Dänemark gibt es Kitas in völlig unterschiedlicher Qualität

5. Veränderungen seit "PISA" auch in Dänemark
Da in Dänemark, ebenso wie in anderen Ländern seit PISA eine "Bildungsaufbruchstimmung" existiert, bleibt auch meine Beschreibung - ebenso wie die Schilderung im Spiegel nur eine Momentaufnahme von eventuell zwischenzeitlich nur noch sehr wenigen Kindergärten......

Ein Grund mehr, warum solche Momentaufnahmen nicht zur Untermauerung irgendwelcher Erziehungshypothesen geeignet sind......

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Monika
um deine Daten zu vervollständigen:

11 Kinder werden in der Vuggestue (Kinderkrippe) von 2-3 Mitarbeitern betreut; davon 1 Pädagoge und einer ohne Ausbildung

Auch im dänischen Kindergarten lernen Kinder Buchstaben, Zahlen usw. - also nicht die "dummen Dänen...Wichtig ist, das sich die Kinder selbst organisieren können also eben nicht bemuttert werden und ihre sozial Kompetenz entwickeln können! Zähneputzen ist nicht auf dem Plan und in der Regel versorgen die Eltern ihre Kinder mit einem Essenspaket.

Mütter und Väter haben gleichermasen Kontakt zum Personal und damit gibt es einen super Gedankenaustausch - auch zwischen den Eltern und damit eine gute Möglichkeit ein Netzwek zu bilden.

Es ist keine Momentaufnahme sondern der Alltag!!! ob nun Kinderkrippe oder Kindergarten.

Ich betrachte uns nicht als Vorzeigebeispiel sondern als Anstoss der Möglichkeiten aufzeigen soll. Erwähnen möchte ich, dass beide Ehepartner in DK arbeiten müssen, um die Finanzen zu sichern.
Ich glaube es ist jedem bewusst dass der Spiegel kein Journal of Psychology ist sondern ein Printmedium für die die breite Masse, die sich gerne informieren will. Dass man hier nicht alle Fakten, die du vermisst reinzwängen kann liegt in der Natur der Sache. Würde ich auch gerne in deinem Blog machen, aber sprengt wohl doch eher den Rahmen.

Gruss, Gernot

Monika Armand hat gesagt…

Hallo Gernot,
vielen Dank für Deine Info - die Verhältnisse sind ja noch besser, als meine Infos darüber.
Schaut man in unsere Bildungslandschaft, dann schneidet Deutschland dagegen ja jämmerlich ab. Wenn verringerte Schülerzahlen bereits in der GS dazu führen, dass 36 Schüler von einem Lehrer unterricht werden müssen, oder erste und zweite Klasse gleichzeitig unterrichtet werden,sollte auch der Spiegel sehr vorsichtig sein, mit Mitteilungen, welche Eltern die ach so positiven Wirkungen von Krippen vorgaukeln wollen.Denn auch in unseren Krippen und Kitas wird ständig (Personal u.a.) eingespart.(genanntes Beispiel NRW - mit entsprechenden Leistungseinschränkungen jener Schüler....werde wohl demnächst darüber berichten)

Nun erwarte ich von einem Blatt wie Spiegel auch nicht eine allzu sehr in die Tiefe gehende Berichterstattung. Allerdings: Hier waren 3 Autorinnen mit 11 Seiten befasst, da sollte man wenigstens das, worüber man berichtet ein wenig besser nachrecherchieren und dann einfach noch ein wenig logisch nachdenken...;-), d.h. einfach etwas mehr gemäß wissenschaftl. Grundsätzen agieren....
Du hast in Deinem Kommentar angedeutet, dass Du hier einiges mehr zu berichten hättest...Ich würde Dich gerne zu einem Gastbeitrag einladen, sofern Du Lust hättest. Das wäre sicher sehr spannend... Herzlichst Monika
Email auch: ratgeber.kinderbuch(at)gmail.com