Aber: Wir leben nicht in Utopia und die Lehrkräfte, welche Kopfnoten geben sollen, auch nicht. Ist es dennoch möglich, objektive Kopfnoten für das anstehende Zeugnis zu verfassen?
Nein, selbst wenn Sie eine Lehrkraft wären welche das notwendige Hintergrundwissen hätte. Schauen wir uns noch einmal die Bedingungen für eine objektive Kopfnotengebung an, wie sie auf Prof. Stangl's Seiten beschrieben werden:
hier
und das FAZIT dort:
Die hohen Erfordernisse an eine objektive und valide Verhaltensbeurteilung können nur durch eine fundierte Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte erfüllt werden.Ich kenne den Schulalltag aus eigener Erfahrung und weiß, dass bereits die "normale" Zensurengebung eine große Herausforderung mit vielen Fragwürdigkeiten ist. Betrachtet man die Kriterien für eine objektive Beurteilung wird schnell klar, dass damit ein immenser Zeitaufwand verbunden ist. Die Studien zur Lehrerarbeitszeit belegen allesamt deutlich, dass bereits vor etlichen Jahren der größte Teil der Lehrkräfte mehr als eine 40-Stunden-Woche zu bewältigen hatte. Zwischenzeitlich wurde die wöchentliche Unterrichtszeit erhöht, so dass sich diese Werte noch einmal nach oben verschoben haben:Kopfnoten sind eine populäre Maßnahme. Zunächst bedarf es einer Bewertung, ob die Maßnahme effektiv ist und ob die erhofften Erwartungen in einem angemessen Verhältnis zu den Risiken stehen.
Zusammenschau der Anforderungen + neue Aufgaben der vergangenen Jahre:
1. Unterricht vorbereiten
2. unterrichten, beobachten, mündliche und schriftliche Leistungen zensieren
3. Dokumentation der Beobachtungen und Leistungen
4. Vorbereitung und Korrektur der Klassenarbeiten
5. Elternabende / Elternsprechtage
6. Lehrer- / Schulkonferenzen
7. Umgang mit Problemschülern / Zwischenfällen
8. Statistiken, Zeugnisse, Zeugniskonferenzen
9. Klassenführung, Fehlzeitenerfassung
Neue Aufgaben:
1. Evaluationen - Qualitätssicherungsaufgaben
2. Stufenkonferenzen
3. Fachkonferenzen
4. "Schulmarketing", d.h. Aufgaben um die Schule nach außen zu präsentieren
5. Tests des Schulministeriums zur Messung des Leistungsstandes
6. Organisation der Fortbildungen
7. "Profilprogramme"
8. Schulfeste am Wochenende
9. "Öffentlichkeitsarbeit" = Imagepflege der Schule
10 Kopfnotengebung
etc. etc.
[bestimmt fehlt hier einiges - daher freue ich mich über (Ergänzungs-)kommentare]
All das sind "Zeitfresser", welche neben dem regulären Unterricht absolviert werden müssen. Was die Schulgesetzgeber nicht berücksichtigt haben, ist der immense Zeitaufwand, welcher für eine "objektivierte" Kopfnotengebung erforderlich wäre.
Auch Lehrkräfte haben nur einen 24 Stunden-Tag, so dass - angesichts der Ergebnisse aus den bereits überholten Arbeitszeitstudien (hier) klar sein müsste, dass für eine objektive Kopfnotengebung keine Zeit vorhanden ist.
FAZIT:
Als Lehrkraft haben Sie zwei Möglichkeiten:
1. Sie erfüllen ihre gesetzliche Pflicht und "schätzen" das "Arbeits- und Sozialverhalten".
2. Sie beantragen eine Kürzung ihrer Arbeitszeit, damit sie ausreichend Zeit haben ihre ca. 200-300 Beobachtungsstudien (=je Schüler) bezüglich des Arbeits- und Sozialverhaltens durchführen zu können.
Elternvertretungen kann man raten, mit den Gesetzgebern das Gespräch zu suchen, um die Frage der Objektivität zu klären.
Anbei zur "Kopfnotenfrage" etliche "Kopfnotendiskussionen"
http://www.focus.de/schule/schule/bildungspolitik/tid-6709/verhaltensnoten-im-zeugnis_aid_64970.htm
http://www.focus.de/politik/deutschland/bildung_aid_178522.html
http://www.rp-online.de/public/article/regional/bergischesland/remscheid/nachrichten/remscheid/519411
http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/politik/deutschland/511367
http://www.rp-online.de/public/article/regional/niederrheinsued/moenchengladbach/nachrichten/498219
http://www.rp-online.de/public/article/regional/bergischesland/solingen/nachrichten/solingen/466207
http://www.wdr.de/themen/kultur/bildung_und_erziehung/brennpunkt_schule/_politik/schulgesetz_novelle/kopfnoten.jhtml
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/403916
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